Alarmknopf
Friday, den 15. August 2025Die Zecke
setzt
sich auf
die Zicke.
Ist
diese Zicke
jetzt (noch)
auf Zack?
Die Zecke
setzt
sich auf
die Zicke.
Ist
diese Zicke
jetzt (noch)
auf Zack?
Chet Baker
spielte
am Ende
seines Lebens
die Trompete
nur noch
für seine
Dealer.
Sie umringten ihn
und er mühte
sich ab.
Einige fanden
das romantisch.
Die Eltern
von Burroughs
finanzierten
ihm seine komplette
Heroin-Sucht.
War jemand
außer mir
auch noch
nicht in
Amsterdam?
An der Nadel
hing ich nie.
Das war vielleicht
der seidene Faden.
Der nüchterne Blick
auf die Welt
fällt trotzdem
oft schwer.
Unterdessen
ereilte mich
das Gerücht,
dass die,
die (für) immer ganz
weich fallen
irgendwann
automatisch
anfangen
nach Weichspüler
zu stinken.
Markerschütternd
der verzweifelte Ton.
Ein Kinderschreien
lässt augenblicklich
alle Supermarktregale
erzittern.
Gleich könnten die
gekühlten Produkte
auf die Flure überspringen.
Ich biege
um die Ecke
und entdecke:
Ein Kleinkind
sitzt mit hochrotem Kopf
und bebendem Mund
in einem Einkaufswagen.
Dicke Tränen kullern
ihm über das
runde Gesicht.
Der Weltuntergang
scheint zum Greifen
nahe zu sein.
Den Tatsachen
näher in die Augen blickend,
liegt am Fuße des Wagens
ein geplatzter Joghurt(becher)
auf dem Boden
und seine weiße Flüssigkeit
ergibt eine helle Pfütze.
„Mein Kind,
es tut mir leid,
Dir dies sagen zu müssen,
aber Du wirst Dich an
noch einige Verluste
mehr in Deinem Leben
gewöhnen müssen“,
murmele ich erleichtert
im Vorbeigehen
vor mich hin.
Immer habe ich Angst davor
etwas zu verlieren
selbst die Schlieren
im Spülwasser
sind mir ans Herz gewachsen.
(Alles muss in die Öffentlichkeit
gezerrt werden.
Alles muss verbrennen.)
Doch dreckige Wäsche findet
keinen Platz
in meinem Haus
eher kommt ein schwarzes Schaf
ungeschoren davon.
Draußen kläffen die Hunde
wiedermal zur vollen Stunde-
sicherlich eine neue Form von Taktgefühl.
Unsicherheit, Zukunftsängste, Kriege und Weltkrisen – da bleibt das Schreiben oft als einziger Fluchtpunkt, als Gegenentwurf zum konfusen Alltag. Doch den eigenen Ton zu behalten und sich selbst nicht zu verlieren, ist nicht einfach. Die Protagonistin in Magdalena Jagelkes aktuellem Romanmanuskript schreibt und hält trotz der widrigen Umstände ihres Alltags daran fest, ihren Traum als Schriftstellerin zu leben. Auch in Julia Mantels Gedichten geht es ums Weitermachen und angesichts der politischen Situation nicht den Ehrgeiz zu verlieren; trotz der täglichen Nachrichten, die den Kopf unheilvoll penetrieren, weiterzuschreiben.
An dem Abend begegnen sich Julia Mantel und Magdalena Jagelke und sprechen über ihre Strategien des Weiterschreibens – in Lyrik und in Prosa. Jagelke wird aus dem Manuskriptkapitel »Kokain« lesen, Mantel liest aus ihrem aktuellen Lyrikband »Autobiographie einer Bisswunde« sowie andere veröffentlichte und unveröffentlichte Gedichte.
Magdalena Jagelke, 1974 in Polen geboren, lebt seit 1986 in Deutschland. Sie hat Amerikanistik, Bibliotheks- und Informationswissenschaft studiert. Nominierung für den Lyrikpreis München. Sie schreibt Lyrik und Prosa und hat bisher vier Bücher veröffentlicht. 2024 war sie Stipendiatin des Landes Niedersachsen im Künstlerhof Schreyahn. Anfang 2025 stand sie auf der Shortlist für die Vorauswahl des Arbeitsstipendiums mit Kind der Sparte Literatur im Künstlerhaus Lauenburg, Schleswig-Holstein.
Julia Mantel, geboren 1974 in Frankfurt am Main. Sie hat Angewandte Kulturwissenschaften in Lüneburg studiert und konzentriert sich seit 2000 auf Lyrik. 2005 gründete sie das Konzeptlabel »Unvermittelbar« und veröffentlichte seit 2008 sechs Lyrikbände. Die letzte Veröffentlichung ist »Autobiographie einer Bisswunde« (Edition Michael Kellner, 2024). Julia Mantel lebt als Lyrikerin und Allroundjobberin in Frankfurt am Main.
Die Lesung ist eine Open Air-Veranstaltung. Bei Regen findet sie in der BrotfabrikGalerie statt.
17.07.2025, 19:30h, Hof der Brotfabrik
Immer müssen
die Menschen
beschäftigt sein.
Deftig
Heftig
Am Abend
reizen
Hefeweizen.
bei der fernwärme
ist oft teuer das feuer
bei der fernbeziehung
ist der ofen
nicht aus
noch lange nicht
bleibe ich eigentlich gerne fern
oder sehe ich lieber fern
schaue ich dabei in die ferne
oder gucke ich bloß in die röhre?
was ändert sich
denn
wenn
ich dich betöre?
Das Klima geht
den Bach runter.
Als wenn das
nicht alles
schon genug
wäre:
Nicht nur
dieser Bach ist
ausgetrocknet.
In der Küche
die Spülmaschine
ächzt und quietscht
unter ihrer Last
als alte Lady
Ihre Mühle
mahlt genauso
langsam wie wir
Gehandicaped
unser Geist
und die zwei Körper
als unbezahlbarer
Luxus diese Liebe
dennoch
in einem Raum
könnte man
so stehen lassen.